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Tipps für dein Anti-Jagd-Training

Anti-Jagd-Training

Hat dein Hund bereits Jagderfolg gehabt, ist es an der Zeit etwas dagegen zu tun. Jedenfalls dann, wenn er immer wieder abhaut und du alleine zurückbleibst. Was Jagderfolg bedeutet, erfährst du in Teil 1 und Teil 2 meiner Artikelserie über das Jagen.

 

Das Wichtigste ist erstmal, dass du das unkontrollierte Jagen verhinderst. Das solltest du aber niemals einfach so tun, ohne deinem Hund die Gelegenheit zu geben, sich entsprechend seiner Fähigkeiten und Talente auszutoben. Du siehst also..irgendwie ist es dann doch nicht so einfach. Aber von vorne.

Erstmal: Management

  • Meide wildreiche Gebiete! Gehe dort spazieren, wo dein Hund nicht dauernd in Versuchung geführt wird. Gehe nicht im Morgengrauen oder zur Dämmerung am Waldrand spazieren und vermeide Orte, an denen dein Hund jagen gehen könnte.
  • Leine dran! Lass deinen Hund nicht frei laufen, wenn du dir nicht sicher bist, dass du ihn jederzeit abrufen kannst. Leine deinen Hund also überall an, wo er jagen gehen könnte. Besorge dir eine gute Schleppleine und ein perfekt sitzendes Geschirr und stell so erstmal sicher, dass dein Hund nicht plötzlich verschwindet.
  • Selbstbeherrschung sparen! Vermeide Situationen, in denen dein Hund viel Selbstbeherrschung benötigt, wenn du danach spazieren gehen möchtest. 

Kurzum: Sorge dafür, dass dein Hund nicht mehr unkontrolliert jagen gehen kann und vermeide Situationen, in denen dein Hund zum Jagen animiert wird. Bringe deinen Hund nicht in Situationen, denen er nicht gewachsen ist und in denen er viel Selbstbeherrschung verbraucht.

Analyse

Super wichtig für dich und dein Training: Finde heraus, warum dein Hund jagt. Das klingt erstmal total einfach, da es ja in seiner Natur liegt. Schließlich ist der Hund ein Beutegreifer. Es kann aber viele andere Gründe gegen, die das unkontrollierte Jagen verstärken und zum Problem werden lassen:

  • Stress
  • Unterbeschäftigung
  • Überbeschäftigung
  • Viele Jagderfolge
  • Rasseveranlagung
  • falsche Spiele oder Beschäftigung
  • "schlechte" Vorbilder
  • versehentliches Verstärken

Das sind nur einige mögliche Faktoren, die dazu beitragen, dass dein Hund jagen geht. 

Viele Trainingsmethoden ähneln sich natürlich. Dennoch hilft dir fleißiges Training nur wenig, wenn du auf der anderen Seite das unkontrollierte Jagdverhalten deines Hundes wieder versehentlich verstärkst oder einem Hund mit einer enstprechenden Veranlagung jede Möglichkeit nimmst, seine Talente auszuleben.

Keiner möchte eine Verlagerung des Problems, sondern eine Lösung.

Deswegen empfehle ich dir, ein Tagebuch zu führen, um herauszufinden, wie und was dein Hund so alles tut.

Trainingstagebuch für den Hund

Hier trägst du erstmal über mindestens eine Woche alles ein, was deinen Hund betrifft.

Was tut er wann, wie und mit was oder wem. Wer tut was mit ihm und wie lange. Was bekommt er zu fressen, wie wird er belohnt, was mag er usw. 

Und damit meine ich wirklich Alles. Denn oft denkt man, dass ein bestimmter Sachverhalt nicht wichtig oder nebensächlich ist und übersieht deshalb möglicherweise einen wichtigen Zusammenhang.

Wenn du mehr über die Inhalte deines Trainingstagebuches erfahren möchtest, kannst du mich gerne kontaktieren.

Nun bist du hoffentlich schon etwas schlauer und hast einen guten Überblick über die Hobbies und Eigenschaften deines Hundes. Recherchiere über die Rasse oder den möglichen Mix deines Hundes und mach dir zu all diesen Dingen Notizen. Wenn du nicht weiter kommst, kannst du dir an dieser Stelle Rat bei einem Hundetrainer oder je nach Fragestellung auch anderen Experten suchen. 

Auf dieser Analyse baut das spätere Training auf. Ein guter Hundetrainer wird die Inhalte und Übungen während der Trainingsphase immer wieder anpassen und übernimmt einen großen Teil der vorherigen Analyse und vor allem der Interpretation deiner Angaben für dich. Ich finde es aber immer gut, wenn Hundehalter sich auch selbst schlau machen und das Verhalten ihres Hundes so besser verstehen und auch später alleine aktiv werden können.

Anti-Jagd-Training

Ein gutes Anti-Jagd-Training beinhaltet fast immer einige Elemente, um die du im Training nicht herumkommst. Bevor wir aber zu den einzelnen Punkten kommen, möchte ich an dieser Stelle noch einen wichtigen Punkt ansprechen. Denn der Begriff "Anti-Jagd-Training" ist nicht wortwörtlich zu verstehen. Die meisten Hundetrainer verwenden diesen wohl, weil dann einfach klar ist, worum es geht. So auch ich. Man kann Jagdverhalten aber nicht einfach abstellen. Deshalb solltest du nicht mit falschen Erwartungen in das Training starten. Man könnte auch sagen: "Hund bleibt Hund".

Manche Hundetrainer untergliedern jagende Hunde in zwei Gruppen. Das kann man machen, um eine bessere Idee davon zu bekommen, warum manche Hunde immer wieder jagen gehen werden, wenn sie mit bestimmten Reizen konfrontiert sind.

Echte Jäger: Diese hatten bereits schon recht früh in ihrem Leben jagdlichen Erfolg (Auch hier wieder der Hinweis auf die beiden vorangegangenen Artikel, was Jagderfolg bedeutet) und legen es oft auch auf die sogenannte Endhandlung, also auch das Packen, Töten und Fressen an. Durchschnittlich neigen Hunde dazu, die selbst oder deren Elterntiere für ihren Nahrungserwerb verantwortlich waren. Aber Achtung: Bitte mach daraus jetzt nicht, dass alle Tierschutzhunde jagen. Das wäre falsch. Eine Vergangenheit auf der Straße oder im Hinterland kann aber eine Erklärung dafür sein, dass ein Hund bereits viele Jagderfolge hatte und das Jagen als solches auch ernsthaft betreiben musste. 

Diese sogenannten "echten" Jäger durchschauen Möchtegernbeute, wie eine Kaninchen-Attrappe oder Spielzeuge und andere Täuschungsmanöver sofort und sind gut darin, sich ihre reellen Erfolgschancen auszurechnen. Das macht das Training meist schwierig und die Erfolgschancen, eine wirklich nachhaltige Verhaltensänderung herbeizuführen sind eher nicht sooo gut. Das bedeutet auf keinen Fall, dass Hunde dieses Typs nicht auch ohne Leine laufen können. Aber eben nicht überall und ein wachsames Auge ist dann unerlässlich.

Pseudo-Jäger: Diese lustigen Zeitgenossen sind an der Endhandlung, also dem Packen und Töten, nicht interessiert. Solche Kandidaten sind meistens regelrecht erschrocken, wenn sie das Kaninchen dann wirklich erreicht haben und wissen damit garnix anzufangen. Ihnen geht es um das Hetzen. Auch hier nochmal zur Erinnerung: Besonders beim Hetzen wird der Hormoncocktail mit Suchtpotenzial ausgeschüttet, den ich in Teil 1 beschrieben habe. Hier sind die Erfolgsaussichten, das unkontrollierte Jagen in den Griff zu bekommen, garnicht mal so schlecht.

 

Wie gesagt, das stellt eine ganz, ganz grobe Unterteilung dar, auf die du weder deinen Hund noch deinen Trainer oder dich selbst festnageln solltest.

Die 4 Klassiker im Anti-Jagd-Training

Rückruf

Klingt logisch, ist aber oft schon das erste Problemchen, wenn es mit dem Hund nach draußen geht. Wer einen Hund hat, der gerne mal jagen geht, sollte den Rückruf nicht nur regelmäßig üben, sondern perfektionieren. Generell ist ein guter Rückruf Gold wert und man kann das Training super vielseitig gestalten, dabei viel Spaß haben und den Hund auslasten. 

Betrachte euer Rückruftraining also nicht als lästige Pflichtaufgabe sondern als euer allerallerallerallerliebstes Hobby.

Oft werde ich an dieser Stelle gefragt, ob eine Pfeife das Problem des mangelnden Rückrufs beheben könnte. Scheinbar denken viele Hundehalter, dass die Wahl eines anderen Signals oder Geräusches dazu beiträgt, dass der Hund dann zuverlässiger zurückkommt. Das stimmt so nicht. Eine Pfeife hat Vor- und Nachteile, muss aber genauso fleißig trainiert werden, wie jedes andere Signal auch. Also keine Hoffnung auf einen Shortcut.

Beutefangphasen verstärken

Besonders bei den Jagdhunderassen kann es sinnvoll sein, eine bestimmte, meist auch züchterisch ohnehin hervorgehobene Phase der Jagdsequenz zu verstärken. So verstärkt man durch entsprechendes Training beispielsweise gerne das Vorstehen. Das ist der Moment, wo der Hund ganz still dasteht, manchmal sogar typischerweise eine Pfote angehoben, und seine Beute fest im Auge hat. Aus dieser, dann sehr lange gezeigten Beutefangphase heraus, kann man den Hund abholen und so das unkontrollierte Hetzen verhindern. Ich gebe hier bewusst keine Trainingstipps, da die Herangehensweise wohlüberlegt und am besten von einem Training begleitet werden sollte. Richtig umgesetzt kann sie aber sehr erfolgreich sein.

Alternativverhalten anbieten

Das Schlagwort "Alternativverhalten" hat wohl jeder schon mal gehört, der sich ein bisschen mit Hundeverhalten und vor allem Training beschäftigt hat. Der aufmerksame Leser könnte nun rufen: "Ja, das mach ich doch, wenn ich Bällchen werfe". Jaaaaaaa. Ganz so einfach ist es leider nicht. Hier kommt auch wieder deine Analyse ins Spiel. Denn du kennst nun die Bedürfnisse deines Hundes und mögliche Veranlagungen. Jagd dein Hund per Sicht, also mit den Augen, oder verfolgt er Spuren grundsätzlich mit der Nase am Boden und verliert sich im Glück der Spurensuche? Geilt er sich am Hetzen auf oder ist er eigentlich eher ein ruhiger Vertreter? Ein Alternativverhalten wird eingesetzt, um dem Hund die Möglichkeit zu geben, seine Talente auszuleben und natürliche Bedürfnisse zu befriedigen. Aber eben kontrolliert und im Sinne des Trainings. So bieten sich dementsprechend ganz  unterschiedliche Beschäftigungsmöglichkeiten an, wie Nasenarbeit, Apportiertraining, Sprints, Entspannungsübungen, Rangeln, Toben und vieles mehr. Hier ist es die Kunst, das richtige Alternativverhalten für deinen Hund zu finden und zudem eines, welches du gut umsetzen und üben kannst. Das Alternativverhalten sollte also immer bedürfnisorientiert sein und sich nach den Eigenschaften deines Hundes richten. Willst du mit deinem Hund unbedingt Apportieren, der kloppt sich aber für sein Leben gern um ein Zergel und einfach gerne mal die Sau raus, könnte der Spaß und vor allem gute Ergebnisse auf der Strecke bleiben. Ein Vierbeiner, der das Apportel schon längst erspäht hat, der aber unbedingt einer komplizierten Fährte folgen soll, wird dich in den Wahnsinn treiben und früher oder später was -für ihn- lustigeres machen, nämlich wieder echte Hasen jagen gehen. 

Entspannungstraining

Kann nie schaden und verbessert fast immer den Alltag mit Hund. Auch du als Mensch kannst sehr davon profitieren, wenn du lernst, aktiv mit deinem Hund zu entspannen. Zum Glück sind Mentalarbeit, Entspannungsübungen und sogar Meditationen so langsam aus der Eso-Ecke raus und das Angebot ist groß. Auch für Hunde gibt es viele Techniken, die zur Entspannung beitragen können und die sich easy in den Alltag einbauen lassen.

Darüber hinaus lohnt sich auch hier wieder ein Blick auf die Verteilung eurer Aktivitäten und euren Alltag insgesamt (Stichwort Analyse). Wird dein Hund durch bestimmte Dinge oder organisatorische Notwendigkeiten gestresst? Falls er fremdbetreut wird, kommt er dort gut zurecht, hat ausreichend Ruhephasen oder muss er sich dort immer wieder neu behaupten oder tobt durchgehend, bis zum Umfallen? Spielt Schwiegerpapa nachmittags immer eine halbe Stunde Ball, bis der Hund nicht mehr kann und mal so richtig schön ausgepowert wurde? Rennt der Vierbeiner vormittags unbeaufsichtigt im Garten rum und wird fuchsteufelswild, wenn sich ein anderes Lebewesen dem Grundstück auch nur ansatzweise nähert? Gibt es bei dir zu Hause viel Streit? Alle solche Dinge können deinen Hund stressen und so zu unerwünschten oder überbordenden Verhaltensweisen führen. Das Gleiche gilt natürlich auch für Schmerzen.

Ein angemessenes Maß an positivem und auch negativem Stress schadet nicht und kann, ganz im Gegenteil, sogar notwendig für Lernen und die Fähigkeit, Herausforderungen meistern zu können, nötig sein. Auf die Menge, die für jeden Hund unterschiedlich stark zu viel oder zu wenig (Langeweile) sein kann, kommt es an.

Fazit zum Anti-Jagd-Training

Es gibt noch viele weitere Punkte, die Einfluss auf das Jagdverhalten von Hunden haben und genauso viele Möglichkeiten am unkontrollierten Jagen zu arbeiten. Ich hoffe, dass ich dir mit dieser Artikelreihe, die keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, einen Überblick verschaffen konnte, wie umfangreich dieses Thema ist. Wenn du das unkontrollierte Jagen deines Hundes angehen möchtest, benötigst du also viel Zeit, Geduld und Fleiß. Es lohnt sich aber immer. 

Wenn du Fragen zu diesem Thema hast, kannst du gerne diesen Artikel kommentieren oder direkt Kontakt mit mir aufnehmen. Falls dir der Artikel gefallen hat, darf er natürlich wie immer auch gerne geteilt werden.

Viele Grüße,

deine


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