Letzte Woche erreichte mich der Anruf einer Hundehalterin. Sie erkundigte sich nach meinen Kapazitäten und wann es möglich wäre ihren Hund für ein erstes Probetraining abzuholen.
Leicht irritiert antwortete ich, dass das nicht möglich sei und der Hundehalter im Training wesentlicher Teil sei. Doch sie beharrte auf ihr Anliegen und erklärte mir in aller Deutlichkeit, dass sie schlicht keine Zeit und Lust habe, sich mit ihrem eineinhalb-jährigen Weimaraner zu beschäftigen.
"Wissen sie, ich habe seit 30 Jahren Hunde und die immer selbst erzogen. Aber der hier nervt mich und hat einen Knall. Ich muss ihnen ganz ehrlich sagen, dass ich einfach keinen Bock habe, mit dem zu trainieren. Es ist nicht so, dass ich keine Ahnung hätte, ich reite auch schon sehr lange, aber ich habe einfach keine Lust auf den ganzen Stress!" (Gedächtnisprotokoll)
Na gut, es wäre jetzt nicht so, dass ich nicht daran gewöhnt wäre regelmäßig extravagante Anfragen zu bekommen. Aber das Gespräch hat mir zu denken gegeben. Denn die Nachfrage nach sogenannter externer Ausbildung steigt und auch im Familienhundbereich gibt es mittlerweile einige Trainer, die das wieder anbieten.
Externe Hundeausbildung
Meist wird darunter verstanden, dass ein Hund durch einen professionellen Hundetrainer an seine zukünftigen Aufgaben herangeführt wird. So beispielsweise häufig bei Assistenzhunden.
Ist die "externe Ausbildung" abgeschlossen, schließt sich ein sehr aufwändiges Training mit dem zukünftigen Hundehalter an. Denn dieser muss selbst lernen, die richtigen Signale zu geben, für den Hund verständlich zu agieren und nur das abzurufen, was der Hund auch wirklich leisten kann.
Das klappt meist nicht sofort, denn Hunde lernen -wie wir wissen- kontextbezogen. Also auch personenbezogen. Das bedeutet: Grundsätzlich beherrscht der Hund die Aufgaben. Er muss aber erst lernen, dass alle erlernten Abläufe nun auch im Zusammenhang mit seiner neuen Bezugsperson gelten, die aber naturgemäß eine andere Körpersprache, Gestik, Mimik, Kompetenz, Timing usw. hat.
Im Grunde vergleichbar mit einem geschenkten Auto. Das kann noch so schick sein und hunderte PS unter der Haube haben. Kann man es nicht fahren und hat das Fahren nicht geübt, wird man wohl trauriger Hinterhof-Poser bleiben.
Es ist also durchaus möglich, Hunde extern Kompetenzen zu vermitteln.
Anfrage also berechtigt?
Ja und Nein. Denn wirklich Arbeit erspart man sich als Hundehalter nicht. Klar, der Hund beherrscht dann möglicherweise alle möglichen Signale. Bei der Person, die ihn ausgebildet hat. Der Hundehalter hat währenddessen aber nichts dazugelernt und muss sich alles neu aneignen und den Ausbilder in Zeichengebung, Konsequenz etc. möglichst "imitieren".
Wer also grundsätzlich keinen Bock darauf hat, sich mit seinem Hund zu beschäftigen, sollte ernsthaft darüber nachdenken, ob ein soziales Lebewesen das richtige "Hobby" ist.
Überfordert mit dem eigenen Hund?
Was mich beschäftigt hat: Viele Hundehalter sind absolut bereit, sich intensiv mit ihrem Hund und möglichen Problemen auseinander zu setzen. Die Fronten sind aber möglicherweise so verhärtet, dass ein emotional unvoreingenommenes Training garnicht mehr möglich ist. Oft spielen Angst und Stress, sowohl beim Hund als auch beim Mensch, eine große Rolle.
In solchen Fällen kann es der einzige Ausweg sein, negative Kreisläufe zu unterbrechen und beiden, Hund und Mensch, die Möglichkeit geben, sich zu beruhigen, Fortschritte zu machen und dann einen begleiteten Neustart zu wagen.
Schau mal was der kann!
Als ich früher noch Hunde betreut habe, ist mir oft aufgefallen, dass Hunde viel mehr können, als ihnen zugetraut wird. Das kann ein großartiger Aha-Effekt für den Menschen sein. Aber genauso kann es auch sehr frustrierend sein, wenn der Hund in fremden Händen scheinbar zum Lamm wird und man selbst es irgendwie nicht hinbekommt.
Schon alleine deshalb ist der gemeinsame Trainingsweg elementar, um miteinander zu lernen. Schließlich handelt es sich bei einem Hund ja eben nicht um ein Auto, bei dem man nur die richtigen Knöpfe drücken muss und außerhalb der Fahrstunden steht es halt rum.
Hundebetreuung & Co
Wenn du wenig Zeit für deinen Hund hast und dieser oft in einer Hundetagesstätte oder bei Verwandten untergebracht ist, solltest du dennoch jede Gelegenheit nutzen, um kurze Trainingseinheiten einzulegen.
Besonders wichtig ist es, dass du dich mit den jeweiligen Betreuern absprichst und ihr möglichst an einem Strang zieht.
Natürlich können Hunde sehr schnell lernen, wo was erlaubt ist und welcher Mensch mehr oder weniger konsequent ist und sich dementsprechend gut anpassen.
Dennoch ist dieser Wechsel mental extrem anstrengend und gelingt meist nur mäßig. Das erklärt auch, weshalb dein fleißiges Trainieren wenig bringt oder nur sehr zäh voran schreitet, wenn der Gassigänger die Hunde dann eben an der Leine ziehen lässt.
Man kann versuchen, Unterscheidungsrituale für den Hund einzubauen. Optimal ist es aber nicht und eher eine mäßige Notlösung, wenn es um ein gutes Grundgehorsam geht. Das Gleiche gilt natürlich auch für wechselnde Bezugspersonen innerhalb der Familie. Deshalb finde ich es immer toll, wenn ich sehe, dass alle Bezugspersonen an einem Strang ziehen und sich gemeinsam über Fortschritte freuen, statt versehentlich gegeneinander zu arbeiten und sich dann über den Hund zu ärgern.
In diesem Sinne: Genieße jede Trainingsmöglichkeit mit deinem Hund. Er hat sich dieses Leben nicht ausgesucht und ist dafür echt ganz schön kooperativ.
Viele Grüße,
deine
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