Fragen an dich
Du wünschst dir nichts mehr als einen Hund? Gute Voraussetzungen! Einige Fragen solltest du dir ehrlich stellen, bevor du dich für einen bestimmten Hund, eine Rasse oder die Herkunft deines Hundes entscheidest. Setzt du dich im Vorhinein ehrlich mit deinen Voraussetzungen und Wünschen auseinander, vermeidest du Enttäuschung und Überforderung.
Wieviel Zeit hast du täglich?
Sieh dir deine Woche an und frage dich ehrlich: Passt da ein Hund hinein? Wieviele Stunden kannst du täglich aufbringen, um die Zeit intensiv mit deinem Hund zu verbringen?
Schau ehrlich hin und frage dich, wie du die verfügbare Zeit über den Tag gut verteilen kannst.
Du brauchst dabei Unterstützung?
Es ist heute keine Seltenheit mehr, Hunde fremdbetreuen zu lassen. Dieses Modell passt nicht zu jedem Hund. Gehen wir einmal davon aus, dass dein Hund damit gut zurecht kommen kann (oder muss: dann hast du schon ein wichtiges Kriterium gefunden): Wo kann dein Hund gut betreut werden und wieviel kostet das?
Haben sich Familienmitglieder oder Freunde angeboten? Das ist toll. Beziehe die Voraussetzungen und Wünsche der Personen, von denen du dann eventuell abhängig bist, mit in die Wahl deines Hundes ein. Frage dich ehrlich, welche Lösung für dich verlässlich ist und lege dir auch einen Plan B zurecht. Manchmal erscheint das Angebot der Schwiegereltern zu verführerisch und einfach. Wenn du jedoch beruflich oder aus anderen Gründen darauf angewiesen bist, dass dein Hund betreut wird, solltest du unbedingt nach Alternativen für den Notfall ausschauen.
Alleinebleiben
Muss dein Hund alleinebleiben können? das ist an sich verwerflich, solange es nicht täglich mehr als 6 Stunden sind. Ansonsten benötigst du eine Betreuungsalternative (siehe oben). Auch ein ausgelasteter Hund muss mal Pipi und nur weil ein Hund während deiner Abwesenheit vielleicht sogar viel schläft, bedeutet das nicht, dass er das Alleinebleiben "toll" findet.
Das tun die wenigsten Hunde und es muss geübt werden.
Bist du darauf angewiesen, dass dein Hund regelmäßig auch einige Stunden alleine bleiben kann, solltest du dafür unbedingt Trainingszeit einplanen und auch bei der Wahl des Hundes darauf achten: Handelt es sich um einen erwachsenen Hund, gibt es vielleicht schon Vorerfahrungen und die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass der Hund keine Probleme mit dem Alleinebleiben bei dir haben wird oder eben doch.
Möchtest du einen Welpen zu dir nehmen, kannst du das Alleinebleiben natürlich von Anfang an üben. Sei dir jedoch bewusst darüber, dass es keine Garantie dafür gibt, dass dein Hund dann auf jeden Fall keinen Trennungsstress entwickelt. Die Tendenz zu Trennungsstress ist unter anderem veranlagt aber natürlich ebenfalls stark geprägt von Lernerfahrungen, Selbstbewusstsein, Auslastungsgrad, Frusttoleranz und weiteren Faktoren.
Bürohund?
Viele Arbeitgeber erlauben mittlerweile das Mitbringen des Hundes. Falls du selbständig bist, hast du diesbezüglich eventuell noch mehr Entscheidungsspielraum.
Wenn dich dein Hund täglich zur Arbeit begleiten wird, kannst du dir folgende Punkte anschauen:
- Wird dein Hund Kontakt zu Kollegen haben? Wo wird sein Platz sein und wie tolerant muss er gegenüber Fremden, Bekannten und Kollegen sein, die immer wieder an ihm vorbeigehen, in dein Büro kommen oder an deinen (seinen) Platz?
- Wird dein Hund dich zu Kundenterminen begleiten? was wäre dir hier besonders wichtig? Eine eher bellfreudige Rasse kann entspannte Kundengespräche schnell mal zum Horrortrip machen ;-)
- Wie flexibel kannst du während deiner Arbeit auf deinen Hund reagieren? Oder sollte er es aushalten, zwar in deiner Nähe zu sein, aber ansonsten häufiger mal wenig Ansprache zu bekommen?
Dilemma: Tausche Ruhe gegen Action
Je mehr ruhiges Verhalten oder Alleinebleiben-Können du von deinem zukünftigen Hund fordern musst, umso mehr solltest du einplanen, dass er außerhalb dieser Zeiten einen Ausgleich benötigt. Auch, wenn dein Hund in einer Hundetagesstätte untergebracht ist und täglich Kontakt zu anderen Hunden hat, benötigt er den Kontakt zu dir als Bezugsperson unbedingt.
Je extremer es also in die eine Richtung geht, umso mehr Ausgleich musst du einplanen.
Wie aktiv bist du gerade?
Klar, nicht jeder Hund braucht täglich 3-stündige Gassirunden. Aber Bewegung und neue Eindrücke tun jedem Hund gut und sind wichtig für das allgemeine Wohlbefunden. Vielleicht gehst du jetzt schon regelmäßig Laufen und wünscht dir für deine Joggingrunden einen Partner? Super. Dann hast du schon ein weiteres Kriterium gefunden.
Falls du supersportlich bist, deine Sportarten aber möglicherweise nicht regelmäßig mit einem Hund vereinbar sind, rate ich dir, dass du nach einer intensiven Trainingseinheit einmal eine Stunde spazieren gehst. Hast du da regelmäßig Bock drauf? Toll! Eher nein? Vielleicht ist es Zeit, dir die Frage zu stellen, welche Aktivitäten du dir mit deinem Hund vorstellen kannst.
Was macht dir Spaß?
Hunde brauchen nicht nur regelmäßig Bewegung. Als soziales Lebewesen und vor allem: Als schlaues Tierchen, lieben Hunde es zu lernen, Lösungen für Probleme zu finden und Neues zu entdecken.
Was für ein Typ bist du? Ist es für dich vorstellbar deinen Hund geduldig abwartend zu beobachten, bis er einen Schritt in die richtige Richtung macht? Oder brauchst du die Action und bevorzugst abenteuerliche Ausflüge? Oder....trifft nichts davon zu und du magst einfach einen tierischen Gefährten, der zwar deine Nähe mag aber mit weniger geistigem Input und Abwechslung zufrieden ist?
Manche Hundetypen brauchen geistige Herausforderungen wie die Luft zum Atmen. Andere Hundetypen sind darauf angewiesen, körperlich richtig gefordert zu werden, um ausgeglichen und zufrieden zu sein. Viele Hundetypen brauchen beides und benötigen einen geduldigen Menschen, der ihnen beibringt, dass Langeweile und Ruhe halten auch dazu gehört.
Dank der Vielseitigkeit von Hunden, Rassen und Mischlingen, finden sich auch Vierbeiner, die weniger anspruchsvoll sind und eher zu den gemütlichen Typen gehören.
Veranlagung vor Optik
Ganz bewusst habe ich die Frage nach deinen Aktivitäten an den Anfang gestellt. Es wäre aber auch naiv, so zu tun, als würde die Optik eines Hundes gar keine Rolle spielen.
Sie sollte aber niemals dein Hauptkriterium sein. Zu häufig erlebe ich, dass sich Menschen in die Optik eines bestimmten Typs oder einer Rasse verlieben. Vielleicht sogar, weil sie einen Hund kennen, den sie toll finden. Man kann einen Hund aber nicht "nachkaufen". Jeder Hund ist anders. Auch, wenn du sogar die Anschaffung eines Hundes vom gleichen Züchter und den gleichen Elternpaaren erwägen solltest, kann sich dein Hund charakterlich anders entwickeln.
Wenn dir ein bestimmter Hund optisch sehr gut gefällt, kannst du dich intensiv mit diesem Typ oder der Rasse beschäftigen.
Hast du recherchiert?
Falls du dich für einen bestimmten Hundetyp oder eine Rasse interessierst, solltest du gründlich recherchieren um herauszufinden, ob dieser Hund nicht nur optisch sondern auch in seiner Veranlagung und seinen Ansprüchen zu dir passt. Lies nicht nur die Wesensbeschreibung auf Wikipedia oder auf Züchter-Seiten.
Lies auch auf Seiten von "Rasse-Hilfe.de". Für viele Rassen und Typen gibt es mittlerweile Tierschutzorganisationen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, speziell diese "Hundetypen" zu vermitteln. Tauchen in den Beschreibungen bestimmte Punkte immer wieder auf, sollte dich das aufhorchen lassen. Könntest du mit dem Verhalten XY umgehen oder würde es dich zu sehr einschränken oder überfordern?
Unterhalte dich mit Halter*innen dieser Rassen und recherchiere nach häufigen Problem, typischen Verhaltensweisen und Krankheiten. Suche dir ein oder zwei Tierärzte heraus, die dich beraten können. Sprich mit Hundetrainer*innen!!!
Meine Kolleg*innen und ich sind meist genau dann Ansprechpartner*innen, wenn es schwierig wird, aber auch in Sachen Grunderziehung. Dementsprechend können dir Hundetrainer*innen häufig einiges aus ihrer Erfahrung berichten.
Aus all diesen Informationsquellen erhältst du eine gute Schnittmenge an Informationen. Hüte dich vor Rasseklischees. Nimm sie aber dennoch ernst. Widersprüchlich? Ja!
Beschreibungen lesen lernen
Alle reden ja immer davon, dass man seinen Hund "lesen lernen muss". Stimmt auch. Bevor du dich aber an das Entschlüsseln der Hundesprache machst, geht es an das Decodieren der Rassebeschreibungen.
Hier ein paar Beispiele:
- "mag keine kleinen Kinder" = hat wahrscheinlich schon mal defensiv oder offensiv gedroht oder ein Kind mit etwas "Jagbaren" verwechselt.
- "Fremden gegenüber eher zurückhaltend" = Findet Besucher, Publikumsverkehr, viele Menschen und Anfassen scheiße.
- "sehr auf seinen Menschen bezogen" = anhänglich, mag es nicht alleine zu sein, geht ungern mit Fremden mit und kommt mit vielen verschiedenen Bezugspersonen weniger klar.
- "sehr menschenbezogen" = mag Menschen lieber als Hunde, eventuell auch gar keine Hunde?
- "liebt Menschen und Hunde über Alles" = distanzlos, übergriffig oder einfach nur sehr, sehr freundlich und verschmust.
- "aktiv und schlau" = kann ausdauernd nerven, ausdauernd auf neue Ideen kommen, ausdauernd versuchen an sein erklärtes Ziel zu kommen (was nicht unbedingt deines ist).
- "lernwillig" = Lernt nicht von alleine und will beschäftigt werden. Lernt aber sehr schnell, was man sonst noch alles lernen kann, wenn man sich langweilt.
- "stammt von Rasse XY ab" = selbst schuld, wenn du das überlesen hast.
- "wurde ursprünglich gezüchtet um ..." = ist meist der Beginn eines intensiven Trainingsprogramms.
Nimm das bitte nicht zuuuuu ernst. Ich habe das mit einem kleinen Augenzwinkern zusammengefasst. Ich denke, du verstehst, wo die Reise hingeht.
Ein BIld formt sich?
Jetzt, wo du vielleicht schon eine Idee davon hast, welcher Hundetyp zu dir passen könnte oder welche Kriterien für dich superwichtig sind, geht es an die Frage nach dem "Woher".
Möchtest du einen Hund aus dem Tierschutz adoptieren oder einen Welpen vom Züchter? Wieviel Budget hast du dafür übrig und hast du die gleiche Energie, die du oben schon einmal in die Recherche über den zu dir passenden Hundetyp gesteckt hast auch schon in die Recherche nach einer guten Tierschutzorga oder einem Züchter investiert? Nein? Do that!
Dein Budget
Berechne nicht nur die Anschaffungskosten für deinen Hund. Sieh dir dein Budget an und danach kritisch die Eckdaten deines favorisierten Hundes, Hundetyps oder der Rasse:
Manche Hunde brauchen mehr oder weniger Ausstattung. Das superschlanke Windspiel freut sich über wärmende Mäntelchen für verschiedene Wetterlagen. Der großrahmige Dobermann über ein großes und hochwertiges Körbchen, auf dem er trotz seiner Größe weich liegt. Für sehr sportliche Hunde oder eure gemeinsame Aktivitäten und das Training brauchst du je nachdem auch noch Equipment. Welpen sind meist etwas aufwändiger, was die Anfangskosten anbetrifft. Einfach weil sie wachsen und währenddessen mental als auch körperlich wechselnde Bedürfnisse haben und auch das ein oder andere zerstört wird.
Was ein großer Faktor werden kann, sind Kosten für spezielles Futter oder medizinische Versorgung.
Übersetzt: Je krasser der Hund deiner Wahl überzüchtet ist, umso größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass dieser weniger robust ist. Besonders brachycephale Rassen (Plattnasen) werden häufig mindestens einmal irgendwo operiert. Ist es nicht das Gaumensegel oder die Nasenfalte, sind es eventuell die Augen oder aber ein Bandscheibenvorfall, die Patellaluxation oder, oder. Versteh mich nicht falsch: Jeder Hund kann krank werden oder einfach Pech. Je nach Typ variiert die Wahrscheinlichkeit aber von "das gehört quasi zur Rassebeschreibung" bis hin zu "einfach Pech gehabt".
Sehr kleine Hunde, sehr große oder schwere Hunde, Hunde mit sehr langem Rücken, sehr kleinen oder großen Köpfen, Ohren, Augen, Nasen und was weiß ich, was man noch alles hervor- und wegzüchten kann sind meist anfälliger für genetisch bedingte Erkrankungen. Dazu gehören auch Futtermittelunverträglichkeiten, Allergien usw.
Es gibt nie eine Garantie und auch die als superrobust gehypten Straßenhunde können schon lange oder plötzlich krank sein und dann eben auch: Teuer werden.
Ist dein Budget eher klein, sollte dieser Faktor unbedingt noch mehr berücksichtigt werden.
Braucht man unbedingt Hundetraining?
Nein. Ich kenne viele tolle Hunde, die niemals auch nur eine Pfote in eine Hundeschule gesetzt haben und super erzogen sind.
Ich kenne aber mindestens 10 mal so viele Hunde, die Unterstützung brauchen und deren Halter*innen sich das leider nicht leisten können.
Auch, wenn du es erstmal alleine probieren möchtest: Plane für Hundetraining ein Budget ein. Es ist einfach ein gutes Gefühl für schwierige Situationen etwas zurückgelegt zu haben, um sich Hilfe oder Beratung holen zu können.
Vielleicht hast du auch zu einem späteren Zeitpunkt einfach Lust mit deinem unproblematischen und gut erzogenen Hund aktiv zu sein, eine Beschäftigung zu lernen oder ein gemeinsames Hobby mit Gleichgesinnten zu finden.
WARUM?
Die schwierigste Frage, aber irgendwie auch die einfachste zum Schluss: Warum willst du einen Hund? Klingt komisch? Vielleicht. Ob dir dir Antwort leicht fällt oder du garnicht so einfach eine passende Umschreibung für deinen Wunsch findest, ist nicht wichtig. Sich mit den eigenen Wünschen und Vorstellungen von einem Hund ehrlich und selbstreflektiert auseinanderzusetzen dafür umso mehr.
Schließe deine Augen und stell dir vor, wie du mit deinem Hund zusammen bist. Was siehst du? Ist dieses Bild realisierbar? Was bewegt dich genau daran? Welche Lücke soll dein Hund schließen? Welches Bedürfnis steckt dahinter?
Suchst du einen Freund? Einen Sportpartner? Familienersatz? Jemanden, der dich motiviert regelmäßig spazieren zu gehen, raus zu gehen oder aktiv zu sein? Du liebst Hunde und hast Lust, viel über diese Tiere zu lernen, hast schon einige Bücher gewälzt oder bist jahrelang mit dem Hund deiner Nachbarin Gassi gegangen? Oder bist du blutiger Anfänger, hast noch nie einen Hund so richtig an der Leine gehabt und stellst dir das einfach schön vor, mit einem vierbeinigen Mitbewohner?
Es ist nicht an mir, deine Antworten zu bewerten. Jede Begründung kann eine gute sein, um sich einen Hund anzuschaffen.
Nutze meine kostenlose Checkliste für ein bisschen Selbstreflektion und deine Notizen auf dem Weg zu deinem Traumhund.
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