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Als ich entschieden habe, keine Hausbesuche mehr zu machen

Zumindest nicht als Ersttermin.

 

Eine Anekdote: Es war ein warmer Frühlingstag vor vielen Jahren. Auf dem Weg zu einem Ersttermin rief ich mir noch einmal die Eckdaten der Hundehalterin ins Gedächtnis: Sie (17) und ihre Mutter halten gemeinsam einen Hund in ihrer Wohnung. Der Hund gehört der Tochter, also der Siebzehnjährigen, wird aber auch hin und wieder von ihrer Mutter ausgeführt – oder besser gesagt: wurde. Denn weil der Hund so sehr an der Leine zieht, haben weder Mutter noch Tochter Lust auf Spaziergänge, zumal die Wohnung in beliebter Lage nahe der Frankfurter Innenstadt liegt. Ein junger, etwas ungestümer Rüde, ansonsten aber ein ganz Lieber. Leinenführigkeitstraining. So lautete grob der Auftrag.
Leicht verdientes Geld, dachte ich noch, während mir ein ausgewachsener Thai-Ridgeback in den Unterarm flog und sich danach auf der Türschwelle auf seiner mitgebrachten "Kuscheldecke"  kauend , knurrend  und fletschend, auf meinen Füßen niederließ.

 

Was lernen wir daraus? Die Einschätzung von Hundehaltenden hinsichtlich des zu erwartenden Verhaltens ihres Hundes oder gar des Gefährdungspotenzials oder solcher Feinheiten wie Ernsthaftigkeit und Körpersprache deckt sich oft gar nicht mit der Realität. 

Zweite Anekdote:

Einer dieser „Verwandtenanrufe“: Die Schwiegermutter hat aus Vereinsamungsgründen einen Hund geschenkt bekommen – schon vor zwei Jahren. Die beiden verstünden sich gut, aber es gäbe Beschwerden von den Nachbarn. Man habe schon immer Hunde gehabt und es sei ja gut, wenn alte Leute „eine Aufgabe“ hätten.
Die Aufgabe war ein stattlicher Bernersennen-Rüde, der seine kleine Welt mit harter Pfote regierte und hermetisch nach außen abriegelte. Offenbar notfalls mit Gewalt.
Leider erfuhr ich das erst, als ich bereits in der Küche der älteren Dame saß, die von meinem Besuch genauso überrascht war wie ihr Hund. Man hatte ihr nichts gesagt, "weil sie sonst nicht mitgemacht hätte" (was ich erst später erfuhr) und darauf vertraut, dass ich als Hundetrainerin die Situation schon zu nehmen wisse.
Während ein steif drohfixierender Bobby die Küche betrat und an meinem Stuhl hochkletterte, konzentrierte ich mich auf ruhige Atmung und neutrales Verhalten – so neutral, wie es eben möglich ist, wenn man kurz davor ist, im sprichwörtlichsten Sinne sein Gesicht zu verlieren.

Noch eine?

Schäferhund, Rüde, aus dem Tierheim, nett, aber immer so nervös. Man habe eigentlich keinerlei Probleme, es laufe alles hervorragend, aber man wolle eben auch nichts falsch machen und wünsche sich einfach mal eine „Zweitmeinung“. Nur um sicherzugehen, dass man alles richtig mache. Nach einem längeren Telefonat machte ich mich auf den Weg und stand kurze Zeit später in der Wohnung eines alterslosen, schwitzenden, aufgeregten Mannes im Unterhemd, nebst wirklich ausgesprochen nettem Schäferhund. Ich starrte auf eine Wand voll mit durchnummerierten DVDs. Ein Blick in ein weiteres Zimmer verriet mir, dass auch diese Wände voll mit feinsäuberlich beschrifteten DVDs in akkurat montierten Regalen zugestellt waren. Dieser Mensch musste sein halbes Leben damit verbracht haben, tausende DVD-Hüllen (mit welchem Inhalt auch immer) zu befüllen, Etiketten auszudrucken, zu nummerieren und einzusortieren. 
In der Mitte des Raumes stand ein Fliesentisch. Davor ein gigantischer Fernseher.
Ich wurde in die Küche geführt und stand vor einem Jahresvorrat akkurat ausgerichteten Hundefutterdosen und einer professionellen Hundewaage. Man überwache das Gewicht – das sei ja wichtig bei Schäferhunden, weil die so unglaublich empfindliche Gelenke hätten. Ungläubig beäugte ich die täglichen Eintragungen in der laminierten Tabelle. 
Wie das denn jetzt mit dem Clicker genau gehen würde, wollte der schwitzende Mann wissen. Na dann los.

 

 

 

 

Ich könnte mit skurrilen, gruseligen, lustigen, aber auch gefährlichen Geschichten mindestens so viele Regale füllen, wie der Schwitzmann DVDs nummeriert hatte.

Irgendwann, zwischen einem Ersttermin bei einem Jack Russell, der seine Besitzerin regelrecht mit Gewaltexzessen und deren Besuchern erpresste, und dem Hausbesuch bei einem ganz normalen, lustigen  Vizsla nebst übergriffigem Halter, der mir nebenbei auch mal sein Schlafzimmer zeigen wolle („Das würde mich ja sicher auch interessieren, Zwinki-zwonki“), habe ich erst darüber nachgedacht und dann entschieden, dass ich das Thema „Eigensicherung“ zukünftig ernster nehmen möchte und muss.

 

Keine Hausbesuche mehr im Ersttermin. Als zweiten Termin oder zur Ergänzung gerne. Dann finde ich den häuslichen Bereich sogar häufig sehr wichtig und nach diesen terminen tut sich oftmals nochmal besonders viel zwischen Hunde und Mensch.

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Kommentare: 4
  • #1

    Kathi (Montag, 24 Februar 2025 10:41)

    Hi,
    das ist lustig wie auch tragisch traurig! Wenn sie zu uns kommen würden, dann hätten sie erst mal halbe Stunde nix zu sagen, es sei denn, sie schreien gegen den knurrenden, Zähne fletschenden Hund an. Teils wird der dann bei Besuch in seine Box gesteckt und Decke drüber. Bin echt am überlegen, ob ich ihm mit Rattengift therapiere, denn der Hund meiner Schwester macht mich wahnsinnig! Und der lernt auch, daß es okay ist, nach mir zu schnappen! Es passiert ja nix, also darf man ja wohl!

    Sehr intressante Seite, bin noch am überlegen wie ich ein Hund, der mir nicht gehört, den ich nicht anpacken darf, bei dem ich mich nicht bücken darf, der sogar bei Kindern ab schnappt (Richtung Gesicht) und gar Kinderwagen, mit Baby drin, einfach mal abschnappen tut (noch extra daneben). Ich habe daß der mir den Weg verperrt, nicht ernst genommen und das knurren auch nicht, das Luft schnappen auch nicht, denn was hätte ich tuen können, wenn ich Treppe hoch gehe, Hund rennt an mir vorbei, stellt sich mir oben in den Weg! Wenn ich dann auf fünftletzte Stufe umkehre, runter gehe, rast der Köter runter und setzt mich unten fest! Das Spiel kann ich dann bis mehrere Stunden so fortführen! Hundebesitzer tut nix! Ich kann dann nur schreien, in Hände klatschen, Puschen werfen, oder dem mein Tshirt hin werfen, daß der dann rein beißt und schüttelt, und so abgelenkt ist!
    Weiß noch nicht wie ich den betäuben könnte, um den Maulkorb anzulegen. Lebe schon ca 2 Jahre mit dem Mistköter hier zusammen und bin nun auf der vorletzten Stufe des Eskalationsleiter, weil ich mir erlaube, hier herum zu gehen! Ich kann es sehr gut verstehen, daß man auf gewisse Dinge lieber verzichtet!
    Zum Beispiel, ich überwinde meine (durch diesen Hund erlernte) Angst, geh runter auf Knie, gebe Leckerlie, alles scheint okay (kein knurren, bellen, zähne fletschen) und dann will ich extra sachte aufstehen um den armen armen Straßenhund aus dem Ausland nicht in "TodesAngst" zu versetzen, sodaß der kein Grund hat, mich zu HASSEN, ... und spüre ca 40-80 Sekunden nach dem Leckerlie geben seinen Fang hinten in meinem Nacken und wie der warnend meine Ader'leinchens abdrückt! Danach darf der dann weiter frei rum laufen und ich soll mit dem kochen, während der ca 15-35 cm nah hinter mir steht! Und danach essen mit Hund unterm Tisch!

    Es ist wie das Damokles Schwert, daß an meinem Hals anliegt, ... oder wie "leben/ wohnen auf ner ZehnZentner Bombe", man weiß nie wo es explodiert, wann es explodiert und wer im Wege steht! Hoffentlich trifft es nicht meine Nichte (Grundschule), denn ihr Leben ist noch nicht "ein Scherbenhaufen", bei meinem ists h egal, vergießt keiner ne Träne drum.
    Ich weigere mich einfach bei allen Dingen, die gefährlich sind zb Essen kochen mit Schwester plus Hund direkt am Rockzipfel, Ofen Holz nachlegen Löffel aufheben, Spülmaschine ausräumen, Putzen, Schuhe zu binden (Hund liegt jeweils daneben, nah dran). Es ist gesünder mit offenen Schuhbändern zu laufen, schnell rein schlüpfen im stehen und weg gehen, zu binden wenn ich allein bin.
    Muß noch viel lesen um zu wissen, wann ich Leckerlie geben muß, damit der Köter mich nicht "hasst", denn auf die Hilfe des Hundebesitzers kann ich nicht mehr hoffen. Stur und bekloppt, nen Sockenschuss, irre, völlig durch geknallt.
    Hat jemand zufällig Therapiemittel gegen solche Hundebesitzer? Lach, vermutlich chancenlos den Wahn auszutreiben.
    Lieben Gruß

  • #2

    Mela von RehabiliTiere (Montag, 24 Februar 2025 12:18)

    Liebe Kathi,
    Sie brauchen Hilfe.
    Mit freundlichen Grüßen
    Mela von RehabiliTiere

  • #3

    Kathi (Dienstag, 25 Februar 2025 01:45)

    Hallo,
    vielen Dank! Hatte nicht erwartet daß da eine Antwort kommt und so fix schon mal gar nicht ;-)
    Ja ich brauche Hilfe, damit meine Schwestern und meine Mutter das Problem sehen will. Bin am überlegen ob ich selbst Psychopharmaka nehme, um dann besser mit meiner Mutter, Schwester klar zu kommen. Weil alles immer nur an mir liegen soll und ich immer alles falsch mache. Vielleicht bin ich dann nervlich ruhiger um denen zu erklären, das unser Problem seit Mitte 2023 nicht kleiner, sondern größer geworden ist! Da Kommunikation zum Thema Hund nicht erwünscht ist, kann ich mir nur selber retten, in dem ich versuche WG oder Obdachlosenheim. Wohnung zu finden wäre schon schwer. Umziehen alleine unmöglich, ich darf ja nicht mal was tragen ohne vom Hund im eigenden Haushalt gebissen zu werden. Ich hoffe nur, der beißt kein Kind! Erwachsene Fahrradfahrer wär auch nicht schön (die er entweder jagd oder wie ein Hütehund daß aus Herde ausbrechene Tier bestraft, in dem der in Knöchel zwickt, sodaß das "Rind" bzw Fahrradfahrer zum stehen bringt). Spielt im Grunde aber keine Rolle, das Tier ist außer Kontrolle, reagiert nicht auf Zuruf, rennt mit Karacho hinter Fahrradfahrer und Besitzer versteht nicht, will nicht verstehen, warum der immer angeleint, immer Maulkorb haben muß (ja, auch für "nur 15 Minuten Gassi gehen" braucht der Maulkorb!). Jagd auch Kaninchen und nein, die rein gesteckte (blinde) Liebe nützt, therapiert das Problem nicht, es verpufft nicht!
    Border colly Mix, Rüde, jung, vermutlich aus Ungarn. Ich bin mir unsicher ob das jetzt wirklich "richtig deklariert" wurde. Ihre Website ist gruselig schön, gruselig weils auch mal "harte Realität" anstatt allles blümisch darzustellen.
    Soweit, daß ich selbst den Hund anleinen könnte, bin ich nocht nicht. Ob ich den schon gestreichelt habe, weiß ich ehrlich gesagt gar nicht mehr. Meist kommt es nur zu Berührungen wenn der an mir vorbei läuft. Über ihn drüber steigen traue ich mich noch nicht! Sobald ich zu dicht ran gehe, kommt knurren, bellen, Zähne fletschen!
    Hab schon einmal Stöckchen zerkauen mit ihm gespielt. Das ging ne weile gut, hat sogar gefühlt, wo mein Finger war, und absichtlich nur das Stöckchen zerkaut, ich sah aber mein Finger zum Schluss, als das Stöckchen kleiner und kleiner wurde, nicht mehr. Mein Finger war unter der Lefze! Bis ich Zahn berührte. Hatte aber, da der ungesichert war, kein Maulkorb, keine Leine, kein Gitter, extra linke Hand dickes, schweres Holzscheit in der Hand. Falls der wieder sein "Silberblick", sein Mona Lisa Lächeln kriegt! Stock war leer und es schien, als denke der Hund nach, erwacht aus friedlichen Traum und ich rief meine Schwester, denn ich sah seinen merkwürdigen Blick kurz vorm Angriff. Hund fassen (vom Hundebesitzer), aufstehen( aus knieender Position) und Schritt zurück, Klotz in Abwehrstellung, Hund springt mich an und will ins Gesicht schnappen, das war fast alles gleichzeitig!
    Warum ich mich mit der Bestie noch in Kontakt trete, versuche zu spielen? -> Ganz einfach, weil sein Verhalten mir gegenüber angeblich nur davon kommt, das ich den nicht bedingungslos liebe und ihm erlaube, ganzen Tag hinter mir her zu gehen (auch aufs Klo) und ihn mittlerweile "böse anschreie" um den Köter noch mehr Angst mache um ihn zu verscheuchen.
    Wenn ich ungesichert mit ihm spielen würde, dann würde der sich an mir gewöhnen!
    Ich aber denke, der hat sich bereits seit 2023 an mich gewöhnt! Zwischenzeitlich wirkt der ruhig und friedlich! - Wenn aber andere ihr Bein/ Knie schon opfern müssen, um mit ihrem Körper zwischen mir und dem Zähne fletschenden Hund zu quetschen und keiner weiß, ob der jetzt das Bein das im Blickfeld des Hundes geschoben wird, von einer Person die er akzeptiert, nicht doch angreift und dann habe ich wieder Gedankenkarussell, was ist, wenn ich der Auslöser bin (ich stand normal im Flur), und die Person die mich errettet ist selbstständig im Beruf.Was ist, wenn die Person wegen mir, wegen meiner Störung mit dem Köter klar zu kommen, ins Krankenhaus muß und dann nicht arbeitsfähig ist?

    Da wär es doch besser, wenn nur ich, die unendlich Zeit hat und eh nicht arbeitet, im Krankenhaus zu landen anstatt eine Person die im Beruf nicht ersetzbar ist! ->Das Nerven Zittern kommt meist später und kann ich noch verdrücken, aber nur ich sehe es so, daß der Hund nahest dran ist, seine kümmerliche Restbeherschung zu verlieren!
    Daher denke ich, Psychopharmaka für mich, um dann entspannter leben zu können. Entspannter Entscheidungen treffen zu können. ZB Auszug aus dem Elternhaus, Kontaktabbruch für immer und einfach keine Personen mehr zu haben, mit denen man sich im realen Leben trifft. Es schreibt sich halt leichter, Kontaktabbruch, aber es ist ein verdammt harter Weg!Zudem ich vermutlich nicht ganz allein leben kann, auch wenn ich erwachsen bin!

  • #4

    Kathi (Dienstag, 25 Februar 2025 01:46)

    Hund abgeben, kommt beim Besitzer nicht in Frage, weil der sonst eingeschläfert wird.(*stiller Gedanke in mein Kopf*Da sollt man besser Schwester"abgeben/ entsorgen" oder?*Ende*)

    Daß man Hunde absichtlich schön redet, absichtlich "nicht vermarktbare Rasse" im Mix eines Straßenhundes unterschlägt, hab ich auch schon öfter gehört. Zudem muß man Bedenken, zu welchem Zweck Hunde gezüchtet wurden. Rumänien, Ungarn zb wird wohl eher Hüte- und Herdenschutzhunde, ... Arbeitshunde, die zu irgendeinem Zweck nützlich waren, aber nicht dem Zweck den wir deutschen haben wollen (durchknuddelbarer, lieber Hund fürs Sofa). Entlaufene oder auch "entwendete" Arbeitshunde werden dann zu Lastrami, das angezüchte Verhalten, jagen und hüten glüht noch hoch! Ich anderen Gegenden wirds auch noch von Hunden für die Jagd gezüchtet wurden und teils bewußt ausgesetzt weg geworfen wie Müll, beeinflußt.
    Ein nicht arbeiterner SofaHund, ist denke ich, LuxusErscheinung in so arme Länder wie Rumänien. Es würde mich gar nicht verwundern, daß da überall Hüte-, HerdenschutzHund, Grundstücksbewacher a la Dauerkläffer oder Jagd mit bei ist! Das was nützlich, nutzbringend ist! Müssen nicht zum Problemhund werden, aber in nicht passender Umgebung steigt das Risiko! Geparrt mit falsche Verknüpfung an negativen Dingen und voila, man hat seine Wundertüte, es kann von SofaHund bis naja "schnell unterm Teppich kehren-Hund" reichen.

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