Aus, Nein, Schluss, Pfui
Wie teilt man seinem Hund am besten mit, dass man etwas nicht möchte? Muss der Hund irgendwie "verstehen", dass ich etwas nur gerade in dem Moment nicht mag, ich sonst aber fein damit bin und es aber auch Dinge gibt, die grundsätzlich tabu und immer, dauernd, jedes Mal, grundsätzlich verboten?
Braucht man also mehrere Abbruchsignale, Korrekturwörter, Neins und Schlusses, Verwarnungen und Rote Karten? Braucht man überhaupt Korrektursignale?
Diese Frage kann man in aller Ausführlichkeit durchargumentieren. Ich behaupte jetzt einfach mal "Ja, braucht man" und beantworte das Warum und Wieso vielleicht mal in einem anderen Beitrag.
Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, einem Hund ein Abbruchsignal beizubringen, die alle Vor- und Nachteile haben. Manchmal ist es sinnvoll zwei verschiedene Abbruchsignale zu benutzen und diese möglicherweise auch unterschiedlich zu trainieren. Die unterschiedlichen Methoden orientieren sich nach der Kategorisierung grob an dem Kontingenzschema von Holland & Skinner.
Ich möchte hier im Vorfeld darauf hinweisen, dass ich dir in den folgenden Absätzen eine neutrale Übersicht gebe, die weder meine persönlichen Präferenzen noch Empfehlungen beinhaltet. Mein Ziel ist, dir als Hundehalter*in so viel Hintergrundwissen wie möglich zu vermitteln, damit du Ratschläge von Expert*innen selbst einordnen und für dich und deinen Hund bewerten kannst.
Training über positive Strafe = Zufügen von etwas Unangenehmen
Hier sagt man das Abbruchsignal, zum Beispiel "Nein" und wenn der Hund nicht sofort mit dem aufhört, was er gerade tut, erschrickt man ihn, bedroht ihn, bespritzt ihn mit Wasser, wirft etwas nach oder Ähnliches.
Pro: Schneller Lernerfolg und häufig recht beeindruckend für den Hund.
Kontra: Diese Methode kann deinen Hund mehr erschrecken und verunsichern, als geplant, kann zu allgemeinem Misstrauen und Vertrauensverlust in dich führen.
Der Hund bekommt bei dieser Methode keinen Vorschlag, was er stattdessen tun soll, also kein Alternativverhalten als Ersatz für das abgebrochene Verhalten. Schlimmstenfalls reagieren Hunde darauf langfristig mit immer weniger Kooperation und Kommunikation, wirken stark zurückgenommen und gebremst.
Training über negative Strafe = Wegnehmen von etwas Angenehmen
Hier belohnt man den Hund mit etwas sehr hochwertigen, wie besonders tolle Leckerlies. Sobald der Hund das richtig toll findet, verwehrt man ihm nach einem Abbruchsignal den Zugang zu noch mehr dieser besonders tollen Leckerlies. Damit entsteht -aufgrund der großen Fallhöhe: Erwartungshaltung auf super Leckerlies zu "Nein" und Futterstopp- Frust.
Pro: Die Wirkung kann verhältnismäßig stark sein.
Kontra: Starker Frust kann genauso intensiv Stress auslösen und den Hund belasten, wie eine harte positive Strafe (=etwas Unangenehmes hinzufügen). Auch hier erhält der Hund keine Handlungsalternative.
Bei manchen Hunden kann starker Frust zu aggressiven Verhaltensweisen führen.
Übrigens: Auch das übertriebene Arbeiten mit vermeintlich ausschließlich positiver Verstärkung, also dem intensiven Belohnen erwünschter Verhaltensweisen und dem Nicht-Belohnen unerwünschter, kann zu diesem Effekt führen. Deshalb sollte auch bei erstmal nur positiv klingenden Trainingsmethoden immer genau beobachtet werden, wie das Training auf den Hund wirkt und wie gut dieser mit Frust umgehen kann.
Training über positive Verstärkung = Belohnung
Hier trainiert man zunächst ein Rückruf- oder Aufmerksamkeitssignal, welches man dann einsetzt, wenn der Hund etwas tut, was er nicht soll.
Pro: Wenn das Signal gründlich geübt wurde, funktioniert es in der Regel sehr gut und der Hund wird somit durch dem Verhaltensabbruch nicht belastet oder gestresst.
Kontra: Der Hund wird so definitiv nicht verstehen, dass sein abgebrochenes Verhalten nicht erwünscht war. Durch das Training des Abbruchsignals (Rückruf-/Aufmerksamkeitssignal) über Belohnung ist dieses emotional positiv besetzt. Das kann dazu führen, dass dein Hund das unerwünschte Verhalten sogar häufiger zeigt, um dann erneut abgerufen zu werden.
Aus diesem Grund ist diese Variante eine Möglichkeit des Managements oder für Verhaltensweisen sinnvoll, die nicht grundsätzlich unerwünscht sind, aber jetzt gerade stören. Aus der Erziehungsperspektive nimmt dein Hund hier erstmal wenig mit und kann unter Umständen unerwünschtes Verhalten sogar häufiger zeigen als vorher.
Kombination von negativer Strafe und positiver Verstärkung
Hier enthält man dem Hund auf der einen Seite etwas vor und belohnt in sofort, wenn er sein verhalten abbricht und nur ansatzweise etwas anderes tut.
Beispiel: Ich habe ein Leckerli in meiner Hand. Zeigt mein Hund Interesse am Futterstück, sage ich "Nein" (und schließe sicherheitshalber die Hand). Wendet sich mein Hund ab, belohne ich ihn zügig aus der anderen Hand.
Pro: Der Hund wird motiviert, Verhaltensalternativen anzubieten oder auszuprobieren, kann somit aktiv bleiben und wird damit wenig belastet.
Kontra: Die Wirkung ist nicht so stark wie beim Arbeiten mit reiner Strafe und hier muss fleißig geübt werden. Es kann passieren, dass ein leichter Belohnungseffekt, wie bei der rein positiven Verstärkung eintritt. Deshalb ist hier auch das Timing ganz besonders wichtig.
Wie jetzt? Einsatz und Kombinationsmöglichkeiten
Welche Trainingsmethode du wählst, hängt stark von deinem Hund und auch dir ab. Auch hier gilt, dass dein Verhalten und deine Reaktionen für deinen Hund berechenbar sein müssen.
Außerdem kannst du natürlich darüber nachdenken, ob sich mehrere Abbruchsignale für verschiedene Situationen eignen könnten.
Du kannst also auch mehrere Abbruchsignale trainieren und diese auch unterschiedlich einüben und dementsprechend der jeweiligen Situation angepasst einsetzen. Dafür ist allerdings auch einiges an Konsequenz und Routine gefragt. Übertreibe es also anfangs nicht und arbeite maximal mit 2 Signalen.
Wenn du dir unsicher bist, mit welcher Methode du mit deinem Hund Abbruchsignale am besten trainieren kannst und welche Methode zu euch passt, kannst du dich an eine*n professionelle*n Hundetrainer*in wenden.
Viel Spaß beim Üben mit deinem Hund,
deine
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